Angst - ein schlechter Berater?

Angst - ein schlechter Berater?

Angst hat ja keinen so besonders guten Ruf. Sie ist unangenehm, gilt als schlechter Berater für das Leben und für Entscheidungen. Aber sie kann in unser auch ungeahnte Kräfte freisetzen. Wenn wir uns mal zurück erinnern, dann gab es doch sicherlich bei jedem im Leben schon mal die ein oder andere Situation, in der wir aus Angst über uns herausgewachsen sind. Ich sehe in solchen Bildern immer eine Mutter vor mir, die ein Auto umwirft um ihr Kind zu retten.

Aber vor was habe ich eigentlich Angst? Welche Ängste treiben dich vielleicht gerade umher? Die Welt in der wir leben, macht vielleicht gerade Angst. Oder sind es die Situationen, denen wir ausgeliefert sind, über die wir keine Kontrolle mehr haben? Ist es vielleicht eine Krankheit, vor der wir Angst haben? Oder ist es der Tod, vor dem wir so eine große Angst haben, dass wir uns gar nicht mehr zu leben trauen?

 

Angst gehört zu unseren Grundemotionen. Sie warnt und rechtzeitig vor möglichen Gefahren und ist damit ein wesentlicher und sicherer Bestandteil unserer Existenz. Aber wenn es meine Angst eigentlich nur gut mit mir meint, warum fühlt sie sich denn dann nicht gut an? So wie beispielsweise Glück, Freude oder Verliebtsein ...

 

Wenn wir Angst empfinden, werden in unserem Körper Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin zu Haufen ausgeschüttet. Die Atmung wird schneller, die Muskulatur spannt sich an, wir zittern, der Mund wird trocken, die Augen reißen groß auf. Zittern und Schwitzen setzt ein.

Diese Gefühle sind nicht angenehm, die sind aber wichtig, denn damit wird unser Körper in Handlungsbereitschaft gebracht. Wir werden Wachsamer und Aufmerksamer. Die Angst sichert so seit vielen Millionen Jahren das Überleben des Menschen ab. 

 

Ich habe gelernt, dass es nicht viel bringt, die angst mit aller Gewalt unterdrücken zu wollen. Denn dann wird sie nur stärker und verlängert sich sogar.

Bei meinen Patienten sehe ich immer wieder, dass Angst vor Dingen auftaucht, die eigentlich gar nicht gefährlich oder bedrohlich sind. Diese Angst kann dann krankhaft werden und die betroffenen Menschen an ihrem Leben hindern. Dabei ist die Angst meist vor Dingen da, die wir nicht kontrollieren können und kommt in Situationen, die uns neu vorkommen. 

Der beste Weg um mit den Ängsten umzugehen ist zu lernen, mit Ungewissheiten zu leben und nicht jeden Schritt des Lebens überdenken zu wollen. Die eigene Angst ist kein Feind, sondern ein Teil von uns und somit auch bis zu einem gewissen Grad selbst kontrollierbar. Dafür müssen wir allerdings auch in die Konfrontation gehen. Das ist nicht einfacher und bei vielen Patienten löst der Gedanken an die Konfrontation selbst schon Angst aus. Aber ich setze es immer wieder als Ansporn, dass meine Patienten lernen können, der Angst nicht einfach nur hilflos ausgesetzt zu sein, sondern mit ihr einen Weg zu finden und sich auch selber wieder lernen zu beruhigen, wenn es doch zu einer Panikattacke kommt. 

 

Hast du schon mal versucht dich konkret zu fragen, wovor und warum du gerade Angst hast? Die Auseinandersetzung mit der eigenen Angst ist im tiefsten Sinne auch eine Auseinandersetzung mit mir selbst. Es birgt ein enormes Potenzial, sich mit seinen Ängsten weiter entwickeln zu können und zu wachsen. 

Gerade in Situationen, die auf den ersten Moment verzwickt und ausweglos erscheinen, kann uns die Angst antreiben, nach neuen Lösungen zu suchen. Das stärkt nicht nur die Kreativität, sondern auch die Selbstwirksamkeit. 

 

Unsere heutige Angst ist nicht mehr der Säbelzahntiger vor dem es zu fliehen gilt. Unsere Ängste sind viel abstrakter, erfüllen aber immer noch den gleichen Zweck. Sie halten uns davon ab, unnötige Risiken einzugehen. Oft sind sie sogar ein Zeichen dafür, dass wir unseren Weg um einige grad anpassen müssen.